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Leserbrief an die SZ, zur Seite 8/9 vom 3.5.2014/ Artikel "Die Stunde der Populisten - Warum rechte Parteien in Europa so erfolgreich sind"

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Redaktion,

nun muss ich doch einmal meinem Ärger über die Berichterstattung der SZ Luft machen. Richtigerweise berichten Sie in der Ausgabe vom aufkommenden rechten Populismus in Europa und der Gefahr, die daraus auch bei der Europawahl hervorgeht. In Zusammenhang mit diesem Artikel auf Seite 8 und 9 der Ausgabe vom 3. Mai allerdings stellen Sie auch einige der Rechtspopulisten vor. Das in dieser Aufzählung Beppe Grillo vorkommt ist schon grenzwertig, aber dahingehend vertretbar, dass diesem tatsächlich rechtspopulistische und anti-europäische Töne nachzuweisen sind. Das in dieser Aufzählung Alexis Tsipras, Spitzenkandidat der Europäischen Linken, vorkommt, ist allerdings eine bodenlose Frechheit und an Wählermanipulation kaum zu überbieten. Mit seriösem Journalismus, unabhängiger und fairer Berichterstattung hat das so überhaupt nichts mehr zu tun. In der Beschreibung heisst es dann, “Tsipras ist kein Europa-Skeptiker per se, aber er kritisiert die harten Spar- und Reformauflagen vehement.” Diese Haltung teilt Tsipras wahrscheinlich mit gut zwei Drittel der griechischen Bevölkerung. Was hat dieser demokratische Politiker dann also neben rechten Rattenfängern wie Le Pen, dem schwedischen Neo-Nazi Akesson oder dem Rassisten Farage zu suchen? Gäbe es nicht auch in Deutschland eine sich populistisch gebende Rechte, vor der es zu warnen gälte? Wäre die sogenannte Alternative für Deutschland mit ihren Spitzenkandidaten von Lucke und Henkel und bald der Hälfte der deutschen rechtsextremistischen Szene im Schlepptau, nicht die eigentliche Gefahr, vor der Sie warnen müssten, gerade die LeserInnen in Deutschland? Mein Entsetzen über diesen Artikel kennt keine Grenzen.

Ich habe für diese Art der offensichtlich politisch motivierten “Berichterstattung” null Verständnis und werde eine Beschwerde beim Medien-Rat einreichen.

Mit freundlichen Grüssen

Frank Puskarev
Berlin/ Brüssel

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